Direkt zum Inhalt



Bayern und Griechenland - eine weiß-blaue Geschichte

Bayern liegt nicht am Meer... das stimmt zwar, auch wenn es "gefühlt" natürlich ein bayerisches Meer, den wunderschönen Chiemsee, gibt! Dennoch haben der Freistaat und das ferne Griechenland an der Ägäis und am ionischen Meer tatsächlich einiges gemeinsam. Da wären zum einen die schmucken weiß-blauen Flaggen. Blau könnte so schön für den Himmel und das Meer stehen... Und das Weiß für die schneebedeckten Berge und die Marmor-Säulen vor der Akropolis… Außerdem aber verbindet sie Otto von Bayern, König von Griechenland.

Junger Mann in Uniform und roter Scherge
Der junge Otto König von Griechenland. Porträt von Friedrich Dürck 1833 nach Joseph Stieler 1832 © Otto-König-von-Griechenland-Museum; Foto: Anton Brandl

Otto von Bayern war von 1832 bis 1862 der erste König von Griechenland. Deshalb erinnert in Ottobrunn, einer Gemeinde südöstlich von München, eine antike Säule im dorischen Stil mit dessen Büste an den jugendlichen Prinzen. Mehr zur Geschichte des Monarchen erfahrt ihr im Otto König von Griechenland Museum.

Ottos Vater, König Ludwig I. von Bayern, dem die Landesausstellung 2025 im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg gewidmet ist, war ein großer Bewunderer und Fan der griechischen Antike und hellenistischen Kultur. Der Freistaat verdankt Ludwig I. unter anderem sein “y” . Denn Ludwig war es, der 1825 per amtlichem Erlass verfügte, dass "Baiern" künftig mit griechischem Ypsilon geschrieben werden solle. Der König liebte und förderte die klassizistische Architektur. Zahlreiche Bauten wie etwa der Königsplatz in München, der Bahnhof in Erlangen, die Innenausstattung von Schloss Ehrenburg in Coburg oder das Pompejanum in Aschaffenburg entstanden auf Initiative Ludwigs I..

Bronze für die Bavaria

Ludwig I. ließ nach der Seeschlacht 1827 in Navarino (heute Pylos) die Kanonen der gesunkenen osmanischen Kriegsschiffe aus dem Meer bergen und nach Bayern transportieren. Dort wurde die Bronze eingeschmolzen und für Monumente wie etwa die Bavaria und andere Denkmäler wiederverwendet.

Die Wahl fiel auf Otto

Schwarzweiß-Druck, der den König Otto in einer großen Menge zeigt
Abschied des Königs Otto von seiner Familie in der Münchner Residenz am 6. Dezember 1832. Lithographie von Gottlieb Bodmer, 1834, nach dem Ölgemälde von Philipp Foltz, Neue Pinakothek München © König-Otto-von-Griechenland-Museum; Foto: Nathalie Schwaiger
Das Ölgemälde zeigt den jungen Prinzen in Uniform, der sich am Grenzstein von Bayern verabschiedet
König Otto beim Verlassen seiner bayerischen Heimat am Grenzstein in Kiefersfelden, Ölgemälde, signiert "J(ohann) C(onrad) Dorner, 1833 © König-Otto-von-Griechenland-Museum; Foto: Anton Brandl

König Ludwig I. schickte auf Anraten Friedrich Wilhelm von Thierschs seinen zweitgeborenen Sohn als ersten König in das nach dem Befreiungskrieg zerstrittene Hellas. Griechenland war, nachdem es 1830 seine Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich erkämpft hatte, in eine innenpolitische Krise geraten. Nach dem Ende ihres Freiheitskampfes von 1821 bis 1829 und der Ermordung ihres ersten Präsidenten Kapodistrias war der Aufbau des neuen Staates nicht geglückt. Daraufhin einigten sich Großbritannien, Frankreich und Russland darauf, aus strategischen Gründen einen europäischen Fürsten an die Staatsspitze zu setzen. 

Nachdem mehrere Kandidaten abgelehnt hatten, fiel die Wahl auf Otto, der sich bisher eher auf eine Laufbahn als Priester vorbereitet hatte. Am 6. Dezember 1832 brach der 17 jährige Prinz mit Gefolge nach Griechenland auf.

Einzug von König Otto in Nauplia, der damaligen Hauptstadt Griechenlands, am 6. Februar 1833 © Neue Pinakothek München. Kolorierte Lithographie von Franz Hohe nach dem Ölbild von Peter von Hess, 1835

Vor den Toren Münchens, heute Ottobrunn, verabschiedete er sich von seinem Vater und in Bad Aibling von seiner Mutter. Dann fuhr er über Kiefersfelden und Österreich nach Italien, feierte in Rom noch Weihnachten und ging in Triest an Bord des englischen Kriegsschiffs “Madagascar”. Mit diesem erreichte Otto die ionischen Inseln. Die erste Insel, die er vor Korfu betrat, trägt bis heute seinen Namen: Othoni. Von dort ging die Reise weiter nach Nauplia auf dem Peloponnes (griechisch “Nafplio”), der damaligen griechischen Hauptstadt. 

Der König von Griechenland

Die Akropolis in Athen © Leonhard Niederwimmer/Pixabay
In der ehemaligen Stadtresidenz von Otto am Syntagmaplatz tagt heute das griechische Parlament. © Leonhard Niederwimmer/ Pixabay
Ein gezeichneter und aquarellierter Plan des Nationalgartens hinter dem Parlamentsgebäude, der von Amalie und Otto von Griechenland angelegt wurde © Otto-König-von-Griechenland-Museum; Foto: Claus Schunk

Ganz und gar akzeptiert wurde der bayerische Otto von den Griechen nie, deshalb durfte er sich auch nie "König der Griechen", sondern nur "König von Griechenland" nennen. Als Modernisierer und stabilisierende Kraft wurde er trotzdem geschätzt: er erklärte Athen wieder zur Hauptstadt, ließ Straßen, Plätze, eine Universität, Schulen, Krankenhäuser, das Justizgebäude, das Schloss am Syntagmaplatz bauen, wo bis heute das griechische Parlament tagt und den Nationaltgarten darum herum bauen. 

Außerdem folgten König Otto auch zahlreiche bayerische Handwerker, Unternehmer, Künstler und auch Glücksritter in den Süden, darunter war auch Johann Fix, Sohn eines Bergmannes aus Edelbach im Spessart. Er gründete eine eigene Brauerei und hielt mit der Marke FIX fast 100 Jahre das Bier-Monopol in Griechenland.

Otto von Bayern aus dem Hause Wittelsbach blieb bis 1862 König von Griechenland. 1844 genehmigte er schließlich die griechische Verfassung und Andreas Metaxas wurde Ministerpräsident. 1862 wurde der Widerstand gegen ihn zu groß. Während einer Reise auf die Inseln wurde er durch einen Militärputsch abgesetzt. Schweren Herzens mussten er und seine Frau Amalie nach 30 Jahren das Land verlassen und kehrten nach Bayern zurück.

Ein Wittelsbacher, der sein Herz an Hellas verloren hatte: Otto König von Griechenland. Colorierte Lithographie nach Dietrich Monten um 1835 © Otto-König-von-Griechenland-Museum

Nur fünf Jahre später starb Otto im Bamberger Exil an Masern. "Griechenland, mein Griechenland, mein liebes Griechenland!", sollen seine letzten Worte gewesen sein. Auch wenn ihm seine Regentschaft wenig Glück und Beliebtheit bei den Griechen beschert hatte, das Land, das Meer und die klingende Sprache liebte und vermisste er bis zu seinem Tod. 

Seine Frau Amalie und er hatten beide fließend Griechisch gelernt und Otto bestand nach seiner Rückkehr nach Bayern darauf, nur noch die Fustanella, den typischen weißen Rock mit seinen 400 Falten, zu tragen und darin auch begraben zu werden. Auch der Hofstaat in der Neuen Residenz in Bamberg war in griechischer Tracht eingekleidet und jeden Abend trafen sich Otto und Amalie von sechs bis acht Uhr zur Griechisch-Konversation.

Auch Amalie, Königin von Griechenland, war ihrer neuen Heimat sehr verbunden und setzte sich für die Rechte der Bauern ein. Öl auf Leinwand von Friedrich Becker, 1849 © Otto-König-von-Griechenland-Museum; Foto: Anton Brandl

Amalie, Königin von Griechenland

Die Herzogin aus dem Hause Oldenburg war erst 18, als sie Otto heiratete. Sie ritt wie eine Amazone, sprach fließend Französisch, die Sprache der Diplomatie und lernte auch schnell Griechisch. Für die griechischen Hofdamen entwarf sie eine Tracht, eine Mischung aus griechischem und französischem Stil. Alle stammten aus vornehmen griechischen Familien, die sich auch im Freiheitskampf hervorgetan hatten.
Die Ehe blieb leider kinderlos, was eine große Enttäuschung für die Griechen waren, denen man versprochen hatte, dass der Thronfolger orthodox getauft würde. Amalie musste zwölf Jahre lang unterschiedlkiche therapeutische Maßnahmen und Eingriffe über sich ergehen lassen. Sie durfte nicht mehr reiten und nicht mehr im Meer baden.
Sie führte einen regen Briefverkehr mit ihrem Vater und auch ihrem Schwiegervater König Ludwig I. - unter anderem ging es darin um den Nationalgarten am Stadtschloss, den sie anlegen ließ. Neben ihrem Vater, standen ihr ihre Stiefmutter Cäcilie und ihre Erzieherin Julie von Nordenflycht zeitlebens sehr nah. Sie begleitete das Königspaar auch nach Griechenland.

Ελλάδα, Ελλάδα μου, αγαπητή μου Ελλάδα! 

“Griechenland, mein Griechenland, mein geliebtes Griechenland!”, so die letzten Worte von König Otto auf seinem Totenbett, 1867

Das Otto-König-von-Griechenland-Museum

Das Otto-König-von-Griechenland-Museum in Ottobrunn will an die Inhalte und Ideale erinnern, die dem europäischen Philhellenismus, dem griechischen Freiheitskampf und dem jungen griechischen Staate zugrunde lagen. Es soll ein kultureller Mittelpunkt in Ottobrunn sein, wo die Besucher erleben und verstehen, wie wichtig die damalige europäische Geschichte für uns heute ist, wie vergleichbar politische Fragen von damals mit den heutigen sind: individuelle Freiheit, nationale Souveränität, Staatsverschuldung, Fremdenfeindlichkeit und Toleranz. So kann eine Brücke geschlagen werden von den historischen Vorgängen damals zur heutigen Situation in Europa.

Die Museumsleiterin steht vor einem Porträtgemälde mit goldenem Rahmen
Die Museumsleiterin Tabea Förth vor dem Porträt Ottos von Griechenlands © Infopoint Museen & Schlösser in Bayern; Foto: Nathalie Schwaiger

5 Fragen an Museumsleiterin Tabea Förth

Wir haben die neue Museumsleiterin Tabea Förth in Ottobrunn getroffen, wo sie uns von ihren Plänen erzählte. Sie übernahm 2024 die Leitung von Prof. Dr. Jan Murken, 90, Humangenetiker und Kinderarzt, der das Museum gemeinsam mit Freunden in den 80er Jahren gründete und aufbaute. Er recherchierte, dokumentierte und sammelte sein Leben lang alles, was er zu Otto von Griechenland finden konnte. 

Was ist Ihnen aufgefallen, als Sie das Museum kennenlernten?

Es ist ein kleines feines Museum und bisher das einzige, das sich mit der Geschichte von Otto von Griechenland beschäftigt. Es entstand aus einer privaten Initiative heraus und wird von der Gemeinde Ottobrunn getragen.

Was gefällt Ihnen hier besonders?

Ich mag die Geschichten hinter den Objekten und wie sie zu uns gekommen sind. Zahlreiche Einzelstücke wie etwa das Stieler-Porträt von Otto, Silber und ein Tafelservice mit goldenem “O” als Monogramm oder auch Amalies Porträt in griechischer Tracht konnte Prof. Murten auf dem Kunstmarkt, oft auf einen Hinweis hin, erstehen.
Außerdem finde ich, kann man auch Parallelen zu heute ziehen: in der Welt, in der wir gerade leben, ist es so wichtig, dass wir in Europa zusammen arbeiten, uns unterstützen und miteinander anstatt gegeneinander arbeiten.

Was verbinden Sie mit Otto von Griechenland?

Er hatte einen schweren Stand als Monarch, der von außen ins Land kam, aber er hat Griechenland geliebt. Er hat zusammen mit Amalie das Land bereist, um die Leute, die Kultur und die Sprache besser kennenzulernen und hat doch auch zahlreiche Verdienste vorzuweisen. Amalie und er haben Athen, wie es heute ist, mitgeprägt und gestaltet und sich intensiv um Bildung und Gesetze gekümmert. 

Stimmt es, dass seine Krone und die Insignien erst vor kurzem zufällig wieder gefunden wurden?

Ja, sie waren lange verschwunden und wurden dann bei Restaurierungsarbeiten im Tatói Sommer-Palast im Norden Athens 2023 “gut verpackt” und gut erhalten wiederentdeckt. Erst seit diesem Jahr, April 2025, sind sie nun wieder im Parlament, dem ehemaligen Stadtschloss von Otto, am Syntagmaplatz in Athen zu sehen.

Gibt es Kontakte zur griechischen Gemeinde in München?

Früher gab es griechische Feste, Festumzüge und Schüleraustausch. Leider ist dies alles derzeit etwas eingeschlafen. Aber es wäre schön, den bayerisch-griechischen Dialog wieder zu beleben. Immerhin: ein Schüleraustausch mit Nafplion, unserer griechischen Partnerstadt, fand 2024 wieder statt!

Was haben Sie in nächster Zukunft vor? 

Unsere Mittel sind leider sehr begrenzt. Ich wünsche mir zum Beispiel einen neuen Tresen mit mehr Ablageflächen. Außerdem möchte ich gern mehr Programm für Kinder und Familien anbieten. Wir hatten schon einen Workshop hier, wo wir eine Krone gestaltet haben. Das kam sehr gut an. Auf der Landesgartenschau letztes Jahr konnten die Kinder den Park nach dem Plan und Motiven von Amalies Nationalgarten in Athen ausmalen und gestalten. Die Schüler und Schülerinnen, Familien mit Kindern, Rentner und Rentnerinnen und Einwohner von Ottobrunn möchte ich gern wieder mehr miteinbeziehen.

Dieser Beitrag erschien erstmals im Rahmen der Blogparade “Europa und das Meer - Was bedeutet mir das Meer?” (externer Link, öffnet neues Fenster) #DHMMeer des Deutschen Historischen Museums. 

Nathalie Schwaiger & Bianca Faletti