Ein Gastbeitrag von Magdalena Schertl, Mama von Oskar (2 Jahre) und Museumsmensch.
Bereits mit einem Jahr war ich mit meinem Sohn Oskar in verschiedenen Ausstellungen und habe mal mehr, mal weniger dazu beigetragen, diese Unternehmung auch für ihn interessant zu gestalten. Doch nach ein paar Anläufen habe ich ein paar Punkte festmachen können, mit denen der Besuch im Museum ein Selbstläufer wird.
#1 Das richtige Museum für mein Kind finden
Kleinkinder möchten ihre Umwelt spielerisch entdecken und begreifen lernen, daher empfiehlt sich ein Museum, welches Mitmachstationen und haptisches Entdeckungspotential bietet. Übersichten erleichtert hier die Recherche ungemein: Lasst euch vom Museumsportal und unserem Blog inspirieren!
Ein Kunstmuseum ist aufgrund der 0-Anfassen-Toleranz für Kinder unter drei Jahren nur bedingt geeignet, wobei es hier natürlich auch Ausnahmen gibt. An der 15-Jahr-Feier der Pinakothek der Moderne hatten wir keinerlei Probleme Oskar davon abzuhalten Exponate anzufassen, da seine Begeisterung für die Museumsarchitektur, die großen Fenster und die langen Flure alle Aufmerksamkeit bündelte und er sich freute sich in dem neuartigen Raum zu bewegen.
Bei der Suche nach dem richtigen Museum könnt ihr natürlich erst einmal nach dem eigenen Interesse gehen. Die Begeisterung die ihr für ein Fachgebiet aufbringt, ist für viele Kinder ein Ansporn diesem Thema ebenfalls Aufmerksamkeit zu schenken. Also egal ob Kakteenliebhaber, Zug-Fan oder Rezipient zeitgenössischer Kunst – vielleicht findet ihr mit eurem Kind ja ein gemeinsames Interesse.
Für alle anderen: Seid experimentierfreudig! Das bayerische Museumsportal gibt eine wunderbare Übersicht und macht Lust auf etwas Neues. Beispielsweise war ich vor dem Besuch des Deutschen Jagd- & Fischereimuseums eher skeptisch, ob mir diese Thematik gefiel. Doch die kindgerechte Gestaltung des Museums ließ Oskar und mich unverhofft einen tollen und spaßigen Vormittag verbringen.
#2 Für den Ernstfall rüsten
Kleine Füße werden auf spannenden Entdeckungstouren schnell müde. Falls ihr also den Kinderwagen nicht in die Ausstellungsräume mitnehmen möchtet oder könnt, ist es praktisch ein Tragetuch dabei zu haben, damit der Rundgang für alle Beteiligten bequem beendet werden kann. Nehmt außerdem eine kleine Tasche mit, in der eine überschaubare Notfallration Essen und Trinken, sowie eine Notfallwindel vorhanden ist. Nach so vielen neuen Eindrücken muss sich ein wahrer Entdecker stärken und manchmal ist das Schließfach einfach viel zu weit!
Ein weiterer akuter Ernstfall ist, wenn das Museum nicht gefällt. Leider passiert auch das manchmal. Ich kenne niemanden, der nicht einmal enttäuscht aus einer Ausstellung herausgekommen ist und auch die neugierigsten Kinder möchten sich nicht immer mit allem beschäftigen. Wenn wiederholtes Anbieten eines neuen Exponats oder Szenenwechsel in einen neuen Raum die vehemente Unlust nur beflügeln, ist es in diesem Fall vermutlich besser, den Museumsbesuch abzubrechen oder im Tragetuch zu Ende zu bringen, bevor ein Wutausbruch die Museumslust killt.
Auch aufgekratzte Kinder, die das Museum in eine Hüpfburg verwandeln wollen, sind auf liebevolle Intervention angewiesen. Das habe ich erst neulich feststellen müssen, als Oskar und ich uns die tropischen Schmetterlinge im Botanischen Garten anschauen wollten. Wir hatten 20 sehr tolle Minuten. Aufgeregt beobachtete er die Schmetterlinge und winkte wie ein Weltmeister, weil er das Gefühl hatte, dass die Schmetterlinge ihm zuwinkten. Doch danach war er so aufgekratzt, dass er mit Steinen schmiss und an der Absperrung randalierte. Hier wäre ein Weitergehen und Bleiben nicht nur für mich, sondern auch für die anderen Besucher unangenehm geworden. Nehmt es gelassen. Und denkt an #3.
#3 Zeit ist relativ
Auch 30 Minuten können manchmal genug sein. Denn genau wie wir haben auch unsere Kinder unterschiedliche Tagesformen. Einmal werdet ihr erstaunt sein, wie intensiv sich ein solch kleiner Mensch mit neuen Dingen beschäftigen kann, ein anderes Mal ist die Luft schneller raus. Mit einem Kleinkind verbringt man in der Regel keinen ganzen Tag, sondern maximal 2 Stunden im Museum, da dann die Müdigkeit einfach zu groß ist.
Der Besuch zielt nicht darauf ab in dieser kurzen Zeit möglichst viel Wissen in ein Kind zu bekommen, sondern dem kreativen Geist Anstöße zu bieten. Daher sind kurze Ausflüge, wie in das Paläontologische Museum in München, welches klein aber fein (und noch dazu kostenfrei) ist, ebenso spannend wie das Verkehrszentrum des Deutschen Museums, bei dem man pro Besuch nie alles schaffen kann - die Sammlung ist einfach zu umfangreich. Kommt lieber mehrmals, anstatt zu viel in einen Besuch zu packen.
Wenn ihr mit eurem Kind ein Museum gefunden habt, welches besonders gut ankommt (wie in unserem Fall das Verkehrszentrum), kann sich beispielsweise eine Jahreskarte lohnen. So habt ihr immer ein Ausflugsziel für regnerische Tage zur Hand und könnt das Museum nach und nach entdecken. Außerdem bieten manche Museen an einem Tag in der Woche einen günstigeren Eintritt an. Kinder haben meist ohnehin freien Eintritt. Zudem gibt es in München eine ganze Reihe von Museen, die ihr kostenfrei besuchen könnt hier findet ihr mehr Informationen: Museen in München - freier und reduzierter Eintritt.
#4 Mit Kleinkindern ein Museum "richtig" besuchen
Nach dem Prinzip des ‘freien Spiels‘ von Montessori kann man sein Kind ermutigen zunächst selbständig auf Entdeckungsreise zu gehen. Bei signalisiertem Interesse kann der Begleiter eine Erklärung zu dem Ausstellungsstück geben. Bei größeren Kindern kann erfragt werden, ob das Exponat womöglich bereits bekannt ist. In Abstimmung mit dem kleinen Besucher kann man Angebote machen, sich bestimmte Dinge anzusehen, sollte aber auch akzeptieren, wenn der Vorschlag auf keinerlei Gegenliebe stößt.
Zwischen ein und drei Jahren muss man nicht mit allerhand Details und Fachwissen aufwarten. In diesem Alter sollten grundsätzliche Fragen beantwortet werden: Warum gibt es das? Wozu ist es? Was kann es? Was zeigt es? Der Begleiter kann dazu versuchen eine Brücke zur kindlichen Lebensrealität zu schlagen. Das Tempo sollte hier an das Kind angepasst werden und hin und wieder eine Pause zum Hinsetzen und Trinken angeboten werden.
#5 Traut euch!
Von ein paar meiner Mami-Freundinnen wurde mir hin und wieder gesagt, dass es ihnen zu aufwändig wäre mit ihren Kleinkindern ins Museum zu gehen. Doch hierfür möchte ich eine Lanze brechen: Traut euch! Museen sind nicht verstaubt und trocken, sondern sind Abenteuerspielplätze und Bücher in einem und haben für Eltern und Kind unheimlich viel zu bieten. Wenn man erstmal die Notfalltasche gepackt hat, steht dem erfolgreichen Museumsbesuch eigentlich nichts mehr im Weg!