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Die Hausbrauerei aus Meilendorf – Deutsches Hopfenmuseum Wolnzach

Blick von oben auf einen Mann der mit einer Schaufel das Feuer in einem Ofen schürt.
Foto: Deutsches Hopfenmuseum Wolnzach
Blick auf die großen Kessel der Hausbrauerei.
Hausbrauerei aus Meilendorf, Foto: Deutsches Hopfenmuseum Wolnzach

Gastbeitrag von Dr. Christoph Pinzl, Hopfenmuseum Wolnzach

40 Hektoliter Bier für einen Bauernhof? Nicht schlecht. Ja, die Hopfenarbeit macht durstig. Weil so viel Bier eine Stange Geld kostete, fackelte Hopfenpflanzer Josef Bauer nicht lange und ließ sich kurzerhand auf seinem Hof in Meilendorf in der Hallertau eine Hausbrauerei einbauen. Das war 1958.

2013 wurde die Brauerei erneut aufgebaut. Diesmal aber im Deutschen Hopfenmuseum in Wolnzach, unter maßgeblicher Beteiligung des ehrenamtlichen Museumsvereins. Dorthin hatte sein Sohn Josef, der mittlerweile die Brauerei geerbt hatte, die ganze Anlage abgegeben. Ihren einstigen Nutzen hatte sie inzwischen längst eingebüßt. Auf den Hof in Meilendorf kamen längst keine Erntehelfer mehr, Hopfenzupfer genannt, die begeistert das frische unfiltrierte Bier aus Josef Bauers Produktion getrunken haben. Auch die ganzjährigen Hofbewohner waren immer weniger geworden, Knechte, Mägde, Flüchtlinge, all das gab es nicht mehr und auch die Familie wurde immer kleiner. Wer hätte das ganze Bier, pro Sud rund 400 Liter, denn noch trinken sollen? „Bei uns war immer die Haustür in Bewegung“, so umschreibt es heute Martha Bauer, die Witwe des Brauereibesitzers, wenn sie die einstige Beliebtheit der Biere ihres Mannes in der Nachbarschaft und in der ganzen Umgebung verdeutlichen will.

Verkauft haben die Bauers ihr Bier nämlich nie. Als klassische Hausbrauerei diente sie ausschließlich dem Eigenverbrauch. Hausbrauen war in Bayern seit langem beliebt und gehört zur Geschichte des Bierbrauens dazu. In den 1930er Jahren hatte es gar einen regelrechten Hausbrauboom gegeben mit zehntausenden von gemeldeten Brauereien. Dabei ging es vor allem um Steuerersparnis. Weswegen sich nicht wenige findige Hofbesitzer als Brauer anmeldeten, ohne jemals wirklich eine Brauerei zu besitzen. Man ließ brauen, im nahegelegenen Brauhaus, und sparte so die Steuern auf das Bier. Bis der Gesetzgeber das Steuerschlupfloch wieder schloss.

In der Hallertau, wo mit dem Hopfen der teuerste Bierrohstoff sozusagen direkt in den Braukessel wuchs, lag das Hausbrauen auf der Hand. Wie viele solcher Kleinbrauereien wie die aus Meilendorf dort einst existierten, lässt sich heute nicht mehr exakt feststellen. Ein Exzentriker war Josef Bauer mit seiner Brauerleidenschaft insofern also nicht. Auch wenn Witwe Martha heute noch keine Hehl daraus macht, dass sie wenig hielt von dem "Umeinanderplempern" der Männer im Brauhaus. "Da haben wir die größte Dummheit unseres Lebens gmacht", sagt sie heute, wenn sie um die Gründe des Brauereikaufs gefragt wird. Wie üblich, musste sie sich um die Putzarbeit kümmern. Flaschenwaschen vor allem, alle einzeln, mit der Flaschenbürste. Als die Glasqualität immer schlechter und die Flaschenhälse immer dünner wurden, geriet die Arbeit endgültig zur Mühsal, schilderte sie auch heute noch genervt.

Im Deutschen Hopfenmuseum ist die Brauerei als reine Schaubrauerei zu sehen. Bierbrauen hätte im Museum nicht funktioniert. Allein die Heizmethode, man arbeitete mit offenem Holzfeuer, hätte kein Brandschutzgutachten überlebt. Viele Bauteile waren zudem am Ende ihrer Lebensdauer angekommen, sie stilgerecht auszutauschen wäre extrem aufwändig geworden.

So dient sie nun einer anschaulichen Einführung in die Kunst des Brauens. Was die Brauerei nämlich so reizvoll macht, ist ihre klare Gliederung. Nach einer Kurzeinweisung in die Prinzipien des Bierbrauens lässt sich an ihr selbst für Kinder leicht die Grundfunktion jeder Brauerei nachvollziehen. Etwas, was in modernen Edelstahl-High-Tech-Brauereien inzwischen völlig unmöglich geworden ist. Temperatursteuerung erfolgte beispielsweise mit der Schaufel: Sollte es wärmer werden, legte man Holz im Ofen nach, wurde es zu heiß, zog man die brennenden Scheite kurzerhand wieder aus dem Schürloch. Als Wassereinlaufhilfe diente eine Emailschüssel, zur Hefebelüftung ein Blecheimer. Auf der anderen Seite verfügt die Brauerei über einige technische Raffinessen, die sie auch für den Braufachmann interessant werden lassen. So betrieb man zum Beispiel die ganze Anlage mit nur einer Pumpe und nur einem Motor. Rund um den Braukessel waren Wasserleitungen verlegt. Dadurch nutzte man dessen Abwärme, um nebenbei Wasser zum Beispiel zum Reinigen zu erhitzen. Hopfenstopfen, heute eine scheinbar neumodische Pflichtübung für Craftbier-Brauer, war in Meilendorf schon ganz normal, jedenfalls in abgeschwächter Form.

Josef Bauer jun., der vom Vater das Bierbrauen gelernt hatte und in den letzten Jahren als alleiniger Brauer aktiv war, ließ es sich nicht nehmen, 2011 noch einmal einen letzten Sud herzustellen. Sozusagen mit dem letzten Aufbäumen der Technik, denn unmittelbar danach brach der altersschwache Braukessel an mehreren Stellen auseinander. Dieser letzte Sud wurde als Film festgehalten. Der läuft nun im Museum und lässt die einstige Hallertauer Brautradition wieder lebendig werden.