Doch es hätte alles ganz anders kommen können: Denn Ludwig wuchs nicht etwa als Königsspross, sondern als Sohn des Pfalzgrafen Maximilian Joseph von Zweibrücken und seiner Frau Auguste (externer Link, öffnet neues Fenster) auf, der als Oberst der französischen Armee in Straßburg stationiert war. Revolution, Krieg, Flucht und persönliche Schicksalsschläge bestimmten Ludwigs Jugend. Als Maximilian Joseph überraschend seinen kinderlosen Cousin Karl Theodor als bayerischer Kurfürst beerbte und Bayern kurz darauf im Jahre 1806 zum Königreich erhoben wurde, wurde Ludwig zunächst bayerischer Kur-, dann Kronprinz. Nach dem Tod seines Vaters bestieg er als König Ludwig I. 1825 selbst den bayerischen Thron.
König Ludwig I. und die Kunst
Kunst und Politik gehörten für Ludwig eng zusammen: "Des Staatsmannes Werke werden längst vergangen sein, wenn die des ausgezeichneten Künstlers noch erhebend erfreuen.", bemerkte er selbst in einer Rede. Dem Monarchen war schon früh klar, dass das kleine Königreich Bayern mit Weltmächten wie England oder Frankreich nicht in Sachen Militär und Wirtschaft konkurrieren konnte - doch als leidenschaftlicher Kunstsammler und -Förderer konnte er ein Isar-Athen erschaffen wie es in ganz Europa seines Gleichen suchen würde. Neben dem Ausbau Münchens zur Residenzstadt - die Residenz hatte einen repräsentativen Umbau dringend nötig - sah Ludwig seine Aufgabe im Mäzenatentum.
Ludwig förderte viele junge Künstler seiner Zeit durch Aufträge und holte die Expertise etablierter Kunstgrößen nach Bayern, indem er ihnen auskömmliche Stellen anbot. So konnte er unter anderem Leo von Klenze (externer Link, öffnet neues Fenster) als Hofbaumeister verpflichten, Peter von Cornelius als Leiter der Akademie der Bildenden Künste. Diese Kunstgrößen zogen wiederum weitere Kunstschaffende und Studenten in die Stadt. Münchens Kulturszene blühte unter der beständigen Kunstpatronage ihres Regenten auf.
Beim Sammeln von Kunst war Klasse statt Masse Ludwigs Leitspruch. Statt einer Fülle zweit- und drittklassiger Kunstwerke war ihm an einer hochkarätigen Sammlung von Weltrang gelegen - und das zu einem erschwinglichen Preis. Schließlich verfügte er nicht über die finanziellen Mittel eines Napoleon Bonapartes oder einer Königin Victoria. In Summe gab er über gut 50 Jahre hinweg über die Hälfte seines privaten Vermögens für die Kunst aus - und sparte lieber an anderer Stelle, zum Beispiel indem er Königin Therese die Gelder kürzte. Auch seine römischen Kunstagenten, vor allem Johann Martin von Wagner, trieb er mit seiner Sparsamkeit zur Verzweiflung. Dennoch legte sich Wagner für den Monarchen mächtig ins Zeug; ihm verdanken wir den Ankauf von antiken Schätzen wie der Knabe mit Gans oder die griechischen Ägineten. Die Verhandlungen für den Kauf des Barberinischen Fauns zogen sich wegen der schwierigen politischen Situation sogar über 10 Jahre hin. Die meisten Antiken kaufte Wagner bereits gezielt für die Glyptothek ein, Ludwigs geplantes Museum für die Kunst der Antike und eine Weltneuheit.
Ludwig war ein Schnäppchenjäger, der seine finanziellen Mittel durch kluge Verhandlungstaktiken zu schonen wusste. So kaufte der König seinem Star-Architekten Leo von Klenze dessen Sammlung zeitgenössischer Malerei über einen Zwischenhändler anonym zum Spottpreis ab. Klenze wurde allerdings dadurch besänftigt, dass Ludwig die Sammlung als Kern für die Neue Pinakothek angekauft hatte, ein Museum für zeitgenössische Kunst, das die Alten Meister in der Alten Pinakothek ergänzen sollte. Sie schloss vorerst die Gruppe der Museumsbauten ab, aus denen sich in den kommenden Jahrhunderten das Kunstareal (externer Link, öffnet neues Fenster) entwickeln sollte. Schon sein Enkel Ludwig II. fügte ihm mit der Gründung der Polytechnischen Hochschule einen wichtigen Baustein hinzu.
Das deutsche und das bayerische Nationalgefühl suchte Ludwig mithilfe großer Denkmäler zu stärken. Gleich zwei Ehrentempel für berühmte Männer ließ er von seinem Hofbaumeister Leo von Klenze errichten: In der Nähe von Regensburg, hoch über der Donau gelegen entstand die Walhalla, ein der Antike nachempfundener Ehrentempel für verdiente deutschsprachige Herrscher, Feldherren, Wissenschaftler und Künstler. Etwas bescheidener fiel die Münchner Ruhmeshalle mit Bavaria aus, die „als Anerkennung Bayerischen Verdienstes und Ruhmes" dienen sollte. Die ersten verdienstvollen Frauen zogen dort erst im 21. Jahrhundert ein.
König Ludwig I. und die Frauen
Anders als seine Schwester Auguste entging Ludwig knapp einer politischen Heirat nach den Wünschen Napoleons. Seine Braut Therese wählte er sich aus dem kleinen Herzogtum Sachsen-Hildburghausen. Ganz München beging die Hochzeit der beiden am 12. Oktober 1810 in einem rauschenden Fest - schließlich war sie die erste ihrer Art im jungen Königreich! Die fünftägigen Feierlichkeiten fanden mit einem Pferderennen auf einer Wiese außerhalb der Stadt ihren Endpunkt, die fortan Theresienwiese heißen sollte. Aus dem Rennen entwickelte sich in den folgenden Jahren das Oktoberfest.
Therese und Ludwig waren einander eng verbunden, wie die zahlreichen Briefe zwischen den beiden belegen; aus der Ehe gingen zudem neun Kinder hervor, darunter die künftigen Könige Maximilian II. Joseph von Bayern und Otto I. von Griechenland. Allerdings liebte Ludwig nicht nur die Kunst, sondern auch die schönen Frauen. Zeit seines Lebens pflegte der König zahlreiche Affären, die die Beziehung immer wieder auf die Probe stellten. Besonders um die 38 "Schönsten des schönen Geschlechtes", die Jospeh Karl Stieler in Ludwigs Auftrag für die Schönheitengalerie (heute in Schloss Nymphenburg) porträtierte, rankten sich zahlreiche Gerüchte.
Verbürgt ist darunter nur eine Affäre. Doch die sollte ihm schließlich zum Verhängnis werden: Ludwigs Liebelei mit der provokanten Tänzerin Lola Montez brachte das Blut der Münchner zum Kochen. Lola (die tatsächlich Elizabeth Rosanna Gilbert hieß) war eine irische Offizierstochter, die sich seit einigen Jahren als adelige Dame aus Sevilla ausgab und ihre vorgeblichen spanischen Volkstänze zuletzt in Paris aufgeführt hatte. Skandale folgten ihr auf Schritt und Tritt. Ihre exotische Schönheit zog den 60-jährigen König in ihren Bann. Angeblich verwahrte er sogar eine Nachbildung ihres Fußes aus Marmor auf seinem privaten Schreibtisch. Fortan tat er alles um seine Geliebte zufrieden zu stellen: Ob Tanzauftritte im Münchner Hoftheater, ein eigenes Palais samt Personal, Personenschutz, die Einbürgerung oder ein Adelstitel - Ludwig setzte Lolas Wünsche gegen den Willen seiner Minister durch und gab nebenbei eine Menge Geld aus. Auch Königin Therese protestierte entschieden, wenn auch vergeblich. Bei seinen Untertanen war die falsche Spanierin verhasst, Ludwigs irrationales Verhalten und Lolas Einmischungen in die bayerische Politik wurden in zahlreichen Karikaturen und Spottschriften kritisiert.
In München hatte es bereits eine ganze Weile gebrodelt. Im Januar 1848 gab es dann einen Zusammenstoß zwischen der Studentenverbindung "Allemannen", die Lola eng verbunden war und ihre inoffizielle Leibgarde stellten, mit anderen Studenten. Der König sah sich daraufhin genötigt, die Universität schließen zu lassen, was weitere Kravalle auslöste. Der Hass der Bürger richtete sich ganz besonders gegen Lola, die daraufhin im Februar in die Schweiz floh. Beim Ausbruch der Märzrevolution war Lola Montez wohl nur ein letzter Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Revolutionäre forderten unter anderem Pressefreiheit und eine Verfassungsänderung mit mehr Kompetenzen der Minister. Ludwigs stimmte notgedrungen zu. Seine Macht wurde dadurch stark beschnitten - bisher hatte er autokratisch regiert. Noch im selben Monat dankte er zugunsten seines Sohnes Maximilian Joseph ab. Die letzten zwanzig Jahre verbrachte Ludwig als Privatmann, bis er am 29. Februar 1868 im Alter von 81 Jahren in seiner Winterresidenz in Nizza starb.
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