Gastbeitrag von Dr. Christoph Pinzl, Hopfenmuseum Wolnzach
Wie ein großer Hopfengarten ist das Museum angelegt: innen erwartet euch die wohl größte Spezialsammlung der Welt zum Thema "Hopfen". Ohne Hopfen kein Bier - die Faszination einer Kulturpflanze und ihrer Bedeutung für die Menschen, die mit und von ihr leben wird hier vermittelt. Riechen, schmecken, fühlen, sehen, hören - alle Sinne werden angesprochen.
Ein Landschaftsmodell entführt euch in die Zeit der Völkerwanderungen, als Hopfen noch eine wild wachsende Arzneipflanze war. In der „Interaktiven Karte“ könnt ihr nach den Spuren der Hopfengeschichte aus ganz Deutschland suchen. Die ältesten Urkunden zum Hopfenbau, das berühmte Bayerische Reinheitsgebot von 1516 und die pflanzenkundlichen Schriften der Hildegard von Bingen stehen im Zentrum der mittelalterlichen Hopfengeschichte.
Weiter geht es mit Botanik, Geschichte, Anbau, Pflege, Ernte und Verarbeitung des "Grünen Goldes" . Die Ausstellung erzählt die "Bierkarriere des Hopfens", von reichen Händler-Dynastien, von der guten alten Zeit der Handpflücke, von schwerer Feldarbeit, vom Auf und Ab im Roulette der Hopfenpreise und davon, was mit dem Hopfen passiert, wenn er nicht ins Bier kommt.
Eine historische Hausbrauerei aus Meilendorf wurde im Museum als Schaubrauerei aufgebaut und zeigt eindrücklich den Weg der Zutaten zum fertigen Bier.
"Auch wenn ein Großteil der Brauereien weltweit sich nicht um das Reinheitsgebot kümmern muss, ohne Hopfen braut heute keiner mehr sein Bier", so Museumsleiter Pinzl. Für ihn ist der Hopfen der unverrückbare Kern eines Reinheitsgebotes, das auch international stilbildend geworden ist. Hopfen – die Seele des Bieres.
Ein Spagat taucht wieder auf...
Spagat, so nannten die Hopfenbauern, jedenfalls die in der Hallertau, eine bestimmte Art von Schnur. An dieser Schnur wuchs ab Ende des 19. Jahrhunderts jede einzelne Hopfenrebe nach oben, seitdem die jahrhundertelang gebräuchlichen Hopfenstangen vom modernen Hopfengerüst abgelöst wurden. Warum genau die (Hopfen-)Welt immer „Spagat“ und nicht „Schnur“ sagte, weiß keiner. Der Begriff kommt wohl vom italienischen "spaghetto".
Die Hopfenbauern – meistens die Männer – lösten das Problem sportlich: sie beförderten mit dem Spagatwerferl die Spagatschnur über den Laufdraht des Gerüstes. Diese maßgeschneiderten Wurfhilfen waren so individuell gestaltet, wie die Werfer. Beim optimalen Wurf landete das Spagatmesser samt eingezwickter Schnur wieder in der Hand des Werfers. Ein Sport von baseballartiger Präzision. Es soll in der Hallertau sogar einmal überörtliche Meisterschaften im Spagatwerfen gegeben haben, auch wenn bisher keine konkrete Notiz dazu finden konnte.
In einer Regalecke im Museumsdepot tauchte ein 60 Jahre altes Spagatwerferl auf, das lange für ein Hufeisengehalten wurde. Es war wie einige dieser Werkzeuge auf Nimmerwiedersehen in den 1920ern in einem Hopfengarten bei Uttenhofen in der Hallertau verloren gegangen. Erst 60 Jahre später gab es der Hopfengarten wieder frei. Der einstige Unglückswerfer war da schon längst verstorben. Sein Sohn zog es bei der Frühjahrsarbeit aus dem Erdreich. Natürlich hat der Zahn der Zeit seine Rostspuren hinterlassen. Gerade deshalb ist es vielleicht eines der schönsten und berührendsten Stücke in der Museumssammlung.
Dr. Christoph Pinzl, Auszug aus dem Blogbeitrag "Jäger des verlorenen Spagats" (externer Link, öffnet neues Fenster)
Biergenuss, Braureikurse & Kinderprogramm
In den "Biergenuss-Seminaren" führt der Museumsleiter Dr. Christoph Pinzl durch die Geschmacks- und Sortenvielfalt von Bieren aus Bayern und der ganzen Welt führt: "Schließlich liefert die Hallertau den Hopfen ja auch in alle Brauereien weltweit", so der Diplom-Biersommelier. Spätestens wenn der Bierfachmann jahrelang gelagerte Spezialbiere oder edelstes Gerstengebräu in sektähnlichen Flaschen aus dem museumseigenen Bierkeller holt, wird jedem klar, dass Bier doch wesentlich mehr ist als nur das altbekannte Alltagsgetränk.
Auch wie man Bier mit einfachen Mitteln selber brauen kann, könnt ihr in ganztägigen Braukursen unter fachkundiger Anleitung lernen. Bei den mehrgängigen Bierkulinarien zeigen Profi-Küche, was man mit Bier und Bierzutaten in der Küche alles zaubern kann.
Für Kinder gibt es eine Museumsrallye, einen Kinder-Audio-Guide und Aktionstage, wie die alljährliche "Reise in die Hopfenzupferzeit". Der innovative Multimediaführer lässt Besucher in Form eines Hörspiels in die Welt des Hopfens eintauchen.