Die Geschichte des Bistums Freising begann der Überlieferung nach mit dem Eintreffen des Heiligen Korbinian im Jahr 724. Gerufen wurde er vom agilolfingischen Herzogssohn Grimoald, der ihn beauftragte dort als Bischof den christlichen Glauben zu festigen. In der Römerzeit hatte sich das Christentum im späteren Bajuwarengebiet zwar etabliert, doch wurde diese Tradition durch die Folgen der Völkerwanderung ab dem 4. Jahrhundert geschwächt. Deshalb reiste Herzog Theodo bereits im Jahr 716 nach Rom und bekam vom Papst die Erlaubnis, in Salzburg, Regensburg, Freising und Passau Bistümer zu errichten. Neben Korbinian wirkten auch weitere Geistliche in Bayern: Erhard und Emmeram in Regensburg und Rupertus in Salzburg. Die Agilolfinger-Herzöge, die seit dem 6. Jahrhundert zum höchsten europäischen Adel gehörten, nutzten Bistums- und Klostergründungen zur Stärkung ihrer Herrschaft.
Der Bär ist los!
Und was hat es mit dem Bären auf sich? Der Legende nach zähmte Korbinian diesen auf seiner Reise nach Rom. In der Landesausstellung können Besucherinnen und Besucher dem tierischen Begleiter des Heiligen in Gestalt des Bären Bruno ganz nah kommen. Der wohl berühmteste Bär Bayerns wird hier erstmals außerhalb des Münchner Museums Mensch und Natur gezeigt.
Tassilo - Herzog oder König?
Die Ausstellung gipfelt in Schatz und Schicksal Herzog Tassilos III. (748-788), der unter anderem bedeutende Klöster wie Kremsmünster und Frauenchiemsee gründete. Obwohl das Frankenreich die Oberhoheit beanspruchte, regierte Tassilo selbst wie ein König: Er saß Versammlungen der bayerischen Kirche vor und erließ Gesetze. Mit seiner unkonventionellen Regierungsart forderte Tassilo den Frankenkönig Karl heraus. Doch wer war aus bayerischer Sicht tatsächlich „der Große“? Ein spannender Film am Ende der Ausstellung erzählt die gesamte Geschichte.
Tassilonische Kunst
Tassilo's Eigenständigkeit gegenüber dem Frankenreich fand auch künstlerischen Ausdruck: Mit ihren Goldschmiedearbeiten und Buchmalereien hob sich die “tassilonische Hofschule” deutlich von der fränkisch-karolingischen Hofkunst ab. Ihr herausragendes Stück ist der Tassilo-Liutpirc-Kelch aus Kremsmünster. Er ist ein Weltkunstwerk, das schönste und größte Artefakt seiner Art und Zeit. Gedacht war der prunkvolle Messkelch wohl für den 774 neu geweihten Salzburger Dom, der die zentrale Krönungs- und Grabeskirche der Agilolfinger hätte werden können. Nach Tassilos Absetzung durch seinen Rivalen Karl dem Großen im Jahr 788 wurden seine Schätze verstreut.
Der Tassilo-Liutpirc-Kelch
Der vom Herzog und seiner Gattin Liutpirc gestiftete königliche Kelch ist der Höhepunkt der Ausstellung. Auf dem Kelch steht Christus im Zentrum des Bildprogramms. Aufgebaut ist er wie ein Gebäude: Er symbolisiert das himmlische Jerusalem. Die Bildmedaillons sind wie Fenster in die göttliche Sphäre und zeigen etwa die vier Evangelisten, die Muttergottes und Johannes den Täufer. Sie stehen in italienischer Kunsttradition. Um die Bilder herum ist der Kelch mit verschlungenen Weinranken und den s-förmigen so genannten Greiftieren geschmückt. Diese Verzierungen kommen aus dem angelsächsisch-irischen Bereich. Auf bayerischem Boden verbanden sich die beiden Kunstrichtungen zu dem Stil von Herzog Tassilos Hofschule.
Bewahrt wird der prunkvolle Messkelch seit mindestens 1.000 Jahren im Stift Kremsmünster in Oberösterreich und war im Original bis zum 1. Juli 2024 in der Landesausstellung zum ersten Mal in Bayern zu sehen. Aber keine Sorge: in Freising kann bis November weiterhin eine wertvolle Replik aus Privatbesitz bestaunt werden!
Nicht verpassen: Das Korbiniansjubiläum wird nur einmal im Jahrhundert gefeiert. Passend zu den Feierlichkeiten wurde im Juli auch das Stadtmuseum neu eröffnet. Ein Ausflug nach Freising lohnt sich also!
Ein Gastbeitrag vom Haus der Bayerischen Geschichte