Im Fluss der Zeit

Der Künstler Jurij Diez inszeniert für das Kunstprojekt „Im Fluss der Zeit“ im Untergeschoss des Kulturzentrums einen Rundgang durch mehrere, mit Unterstützung des Bühnenbildners Alois Elmauer installierte Räume: Hierfür arbeitet er teils mit dem Vorhandenen, teils setzt er neue Wände, spielt mit Licht, Dunkelheit sowie der Zusammenstellung historischer Artefak-te, Möbel-Elementen und Fenstern zum Rück- und Durchblicken. Der Besucher oder die Besucherin betritt die Rauminstallation über eine Drehtür und wird zunächst mit dem eige-nen Spiegelbild konfrontiert. Die verschachtelte Spiegel-Box zeigt allerdings das Bild vom eigenen Antlitz aus der Perspektive von anderen und wirft damit die entscheidende Frage auf: Wer bin ich in den Augen anderer? Wodurch ist meine Identität definiert?
Das Durchschreiten der Raum-Boxen mit historischen Stationen vor und nach der Vertrei-bung der Donauschwaben wird zu einer Reise durch die Geschichte und zugleich zur na-hezu körperlichen Auseinandersetzung mit der Frage nach Identität und Heimat. Nicht nur Bilder, Videoprojektionen und Tonfragmente machen ein sinnliches Erleben möglich, durch das eigene Bewegen im Raum gelingt es dem Künstler gegensätzliche Emotionen wie Beengung, Heimeligkeit, Eingesperrt-sein, Stillstand oder In-Bewegung-sein hervorzurufen.
Hier wird die Verwurzelung des Künstlers – der auch als Schauspieler arbeitet – im Theater deutlich: Jeder Raum ist wie ein eigenes Bühnenstück, ein Raum-im-Raum, der uns den Fluss der Zeit individuell erleben lässt.
Jurij Diez (geb. 1981) wurde in Kasachstan in eine Familie von Russlanddeutschen geboren und kam als Spätaussiedler 2002 nach Deutschland. Das Thema Flucht, Vertreibung, Neu-anfang begleitet ihn sein ganzes Leben. Die begehbare Rauminstallation ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKRD).

Eintrag zuletzt geändert am 24.09.2024