Heute ein Heiliger, morgen ein Schweinehund
13.06.2023 - 22.10.2023 ,
Stadtmuseum Deggendorf
Als der Landwirt Radomír Faltýnek 2012 in Prag einen hohen militärischen Orden erhält, zitiert er ein bekanntes Gedicht des Satirikers und Journalisten Karel Havlíček Borovský. Der 86-jährige Faltýnek freut sich über die Auszeichnung – doch zugleich ist da auch eine große Skepsis. 40 Jahre lang war er in der sozialistischen Tschechoslowakei als „Kulake“ geächtet, verlor Grund und Boden. Vor 1945 inhaftierten ihn die Nationalsozialisten im Konzentrationslager und ermordeten seine Eltern.
Der mährische Landwirt Radomír Faltýnek ist einer von 15 Protagonisten einer Ausstellung der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Sie alle teilen zwei Gemeinsamkeiten: Sie waren tschechoslowakische Staatsbürger und sie waren inhaftiert im KZ Flossenbürg oder einem seiner Außenlager. Seit vielen Jahren recherchiert die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg die Lebenswege der insgesamt etwa 4.500 tschechoslowakischen Häftlinge dieses Lagers. In ihren Biographien verbergen sich – über den tiefen Einschnitt der KZ-Haft hinaus – ergreifende Schicksale.
Aus der Zusammenschau der verschiedenen Lebenswege ergibt sich ein mehrdeutiges, vielschichtiges Mosaik, in dem die einzelnen Biographien im Mittelpunkt stehen. Die Ausstellung möchte einen Beitrag leisten zu einem länderübergreifenden dialogischen Erinnern. Ergänzt wird die Ausstellung durch die Präsentation der Forschungsergebnisse archäologischer Untersuchungen nationalsozialistischer und kommunistischer Lager in der bayerisch-tschechischen Grenzregion durch die Technische Hochschule Deggendorf und die Westböhmische Universität Pilsen.
Die Schau findet in Kooperation mit der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und der Technischen Hochschule Deggendorf statt.
Eintrag zuletzt geändert am 04.11.2024